Nachdem es in den letzten Artikeln eher um die Vorbereitung ging und ich berichte, wie ich eine Gastfamilie am anderen Ende der Welt gefunden habe, geht es heute um den Aupairalltag . Wie ist das Leben am anderen Ende der Welt ist? Was habe ich erlebt ? Und wie sieht ein normaler Arbeitstag aus? Ging es mir gut dort? Habe ich was gelernt? Die nächsten Zeilen geben dir einen Überblick über meine Erfahrungen.
Aupairalltag- Der Einstieg
Wie verlief die erste Zeit in deiner Gastfamilie?
Meine Gastfamilie war, was die Einarbeitung anging, ziemlich gut vorbereitet. Ich bekam eine komplette, schriftliche Arbeitsanleitung. Von meinen Arbeitszeiten und Gehalt, über Familienregeln bis hin zu Terminen, Adressen & Notfalltelefonnummern.
Da ich die Kinder im Auto zu Terminen bringen durfte, bekam ich eine Einführung in den Linksverkehr mit meiner Gastoma. Sie schreckte nicht davor zurück, wenn ich wieder einmal zu nah am Bordstein fuhr und bestärkte mich darin, dass das Fahren kein Problem sein wird. Sie zeigte mir die wichtigsten Orte, Supermärkte und Strände.
Die Kinder lernte ich beim gemeinsamen Spielen und Essen kennen. In meiner ersten Woche begleitete mich meine Gastmutter im Auto zur Schule und erklärte mir nochmal alles ganz genau. Am Anfang ist es natürlich schon etwas seltsam sich in einem fremden Haus wie zu Hause zu fühlen, sich an den Alltag einer anderen Familie anzupassen und gleichzeitig von so vielen neuen Infos überschüttet zu werden. Ich hätte mir jedoch keine bessere Einführung vorstellen können.
Wie war das Leben in der Gastfamilie? Wurdest du eher als Familienmitglied oder als „Angestellte“ angesehen?
Das Leben war, wie oben schon erwähnt zunächst etwas ungewohnt. Du lebst natürlich trotzdem in einem fremden Haus und sich einfach am Kühlschrank zu bedienen kam mir anfangs immer etwas komisch vor. Meine Gastfamilie war sowohl während der Woche als auch am Wochenende immer ziemlich busy. Von Taekwondo über Rugbyspiele bis hin zu ihren geliebten Pferden, die natürlich auch einiges an Zeit in Anspruch nehmen, gab es immer etwas zu tun. Ich wurde immer eingeladen mir Spiele mit anzusehen, Unternehmungen mitzumachen und selbst eins der Pferde zu reiten – was wohl mehr für Spaß bei den Kinder sorgte, als es mir Spaß machte, nachdem ich das Gefühl hatte jeden Augenblick herunter zu fallen. Wenn du allerdings Pferde toll findest, wäre das sicher super gewesen.
Ich habe mich weder als Angestellte noch als Familienmitglied gefühlt. Meiner Meinung nach: eher ein WG- Mitbewohner. Ich hatte immer die Möglichkeit mit der Familie zu sprechen, die Gastmutter hat mich miteinbezogen, mir Sonderwünsche fürs Essen erfüllt, mir Tipps und Ideen für Ausflüge gegeben und sich immer gefreut, wenn ich auch am Wochenende mit dabei war. Auch an Weihnachten und an Geburtstagen war ich Teil der Familie.
Allerdings war ich oft mit anderen Aupairs unterwegs, habe Ausflüge gemacht und konnte mir meine Zeit selbst einteilen.
Schwester, Kind oder Putzfrau?
Ebenfalls hatte ich nicht das Gefühl eine Ersatzmutti zu haben, die vielleicht dann doch öfter mal nachfragt, wann du nachhause kommst oder vielleicht deine Haushaltssachen erledigt. Die Kinder waren für mich nicht wie „Geschwister.
Das mag einerseits an meiner Erzieherausbildung liegen und andererseits daran, dass meine Gastmutter, was Regeln und Umgang miteinander betraf, eher auf meiner Seite lag und die Rollenverteilung somit eine andere war, als es bei Geschwistern üblich ist.
Andere Aupairs mussten oft am Wochenende arbeiten und waren teilweise auch die „Putzfrau“- in meiner Familie haben allerdings alle mit sauber gemacht. So hatte ich nicht den Eindruck einfach „nur“ eine Angestellte zu sein.
Aupairalltag- Zurechtfinden: Hast du schnell Anschluss zu anderen Au Pairs oder Einheimischen gefunden?
Schon vor meiner Ankunft in Neuseeland konnte ich verschiedenen Facebook Gruppen beitreten, in denen sich lauter Aupairs, sowohl Deutsche als auch die anderer Nationen aufhielten, austauschten und natürlich auch Anschluss suchten.
Alltag, Freunde und Hobbys?
Meine Gastmutter schickte mich ebenfalls zu den beliebten „Coffeegroups“, die es in den einzelnen Orten gab. Coffeegroups sind Gruppen von Aupairs, die sich in einem Cafe treffen, Und vor allem eins machen: Viel Torte essen und über ihre Gastfamilien quatschen. Das hat mir den Einstieg um einiges erleichtert & ich durfte viele tolle Menschen kennenlernen. Zu manchen hast du oberflächlichen Kontakt und merkst vielleicht, dass es gar nicht so passt. Zu Anderen wiederum baust du eine Verbindung auf, teilst deine Sorgen, deine Freude und Erlebnisse. Ich habe gelernt offener mit Menschen umzugehen, denn du fängst quasi bei Null an und überlegst dir: Mit wem möchte ich meine Zeit verbringen? Bei wem fühle ich mich „zu Hause“? und welche Ansichten kann ich teilen, welche neuen kommen dazu und welche passen so gar nicht zu dir? Zu Manchen habe ich bis heute noch Kontakt, zu Anderen eben nicht.
Im Alltag Locals kennenlernen
Zu Einheimischen hatte ich dann Kontakt, wenn ich die Kinder zu ihren Hobbys begleitet habe oder, wenn ich auf Ausflügen unterwegs war. Zum Anderen gab es noch die Möglichkeit jegliche Kurse, ob Sprachkurse oder Sportkurse, zu besuchen. Ich habe mich dazu entschieden mich in einem Fitnesstudio plus Schwimmbad anzumelden. Da ich oft morgens die Kurse besuchte, traf ich natürlich auch viele Einheimische.
Selbstläufer oder Arbeit?
Um Leute kennenzulernen und Anschluss zu finden musst du also auch ein bisschen selbst aktiv werden & an Orte gehen, wo Menschen ebenfalls auf der Suche sind. Andererseits sind die Neuseeländer offen, was Smalltalk angeht und es erleichtert den Einstieg um Einiges.
Wie sah ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
6:00 Uhr. Der Wecker klingelt. Um 6:30 begann mein „Arbeitstag“.
Ich hatte die Gelegenheit mein eigenes Frühstück vorzubereiten und anschließend die Kinder zu wecken, deren Frühstück vorzubereiten und Lunchboxen zu packen. Meine Gastkinder waren morgens nicht sonderlich gesprächig und auch das „Los, Zeit zum Anziehen und Schultasche packen“ zählte zu meinen Aufgaben, da die Eltern zu dieser Zeit auf dem Weg zur Arbeit waren. Ebenfalls meine Aufgabe: Darauf achten, dass die Kinder ihre morgendlichen Aufgaben erledigten. Dinge wie Katze & Hund füttern, nach den Pferden sehen und die Spülmaschine ausräumen, gehörte dazu und war nicht jeden Morgen eins ihrer Lieblingsdinge.
8:30 Uhr. der Startschuss um sich im Auto einzufinden und die Kinder zur Schule zu bringen und sie um 15:00 Uhr wieder abzuholen.
In der Zwischenzeit hatte ich überwiegend Freizeit bzw. kleinere Haushaltsaufgaben, wie Staubsaugen, einmal die Woche das Bad putzen, die Wäsche der Kinder machen und das Dinner vorzubereiten bzw. nochmal Lunchboxen für nachmittags. Wenn ich wollte konnte ich mit dem Hund spazieren gehen, die Hühner rauslassen und ansonsten hatte ich genügend Zeit mich mit mir selbst zu beschäftigen.
15:00 Uhr. Nach der Suche für einen Parkplatz an der Schule, sammelte ich die Kinder wieder ein. Meist war es so, dass wir von dort aus direkt zu verschiedenen Aktivitäten fuhren. Rugbytraining, Schwimmtraining im Winter, Taekwondo, Netball oder Vorbereitung der Pferde zum wöchentlichen „Ponyclub“. In der Zeit bis zum Training war ich mit den Kindern oft in der Bücherei, wo sie ihre Hausaufgaben meist sehr übermotiviert selbst abarbeiteten. Bei Fragen gab es natürlich Unterstützung. Wenn keins der Hobbys anstand, fuhren wir direkt nach Hause um Hausaufgaben zu erledigen. Anschließend gab’s das übliche Dinner.
17:00- 18:00 Feierabend! Wenn meine Gasteltern nach Hause kamen, gab es einen kurzen Austausch über den Tag und was am Nächsten ansteht.
Die einzige Zeit, in der ich die Kinder von 6:30 Uhr an den ganzen Tag bei mir hatte, waren die Ferien. Für den Fall, dass ihr – wie ich. dachtet, dass die Kinder sicher ein bisschen länger als bis 6:30 Uhr schlafen: Fehlanzeige. Auch in den Ferien waren die Kinder um diese Uhrzeit putzmunter. Die Lieblingsbeschäftigung der beiden beschränkte sich auf Laptop und Tablet-spielen.
Um nicht 12 Stunden davor zu hängen, plante ich gemeinsam mit den Kindern verschiedene Aktivitäten. Von Kino, Museums und Strandausflügen sowie Verabredungen mit anderen Kindern und natürlich die wöchentlichen Hobbys, war alles dabei. Auch die üblichen Aufgaben, wie Aufräumen und Kochen erledigte ich in dieser Zeit.
Genauso wie in anderen Jobs hatte aber auch ich Urlaub. Das war immer dann, wenn die Gastfamilie selbst im Urlaub war.
Hast du Ausflüge oder Urlaube gemacht? Hattest du genug Zeit um das Land zu erkunden?
Die Antwort ist definitiv: Ja! Ich hatte genügend Zeit, um das Land zu erkunden. Meist habe ich die Wochenenden dafür genutzt, um näher gelegene Orte zu erkunden. Längere Wochenenden hingegen für Orte, die etwas weiter entfernt auf der Nordinsel Neuseelands lagen. Meine Urlaube habe ich für die Südinsel genutzt, da die Fahrt bis dorthin von Auckland aus weiter entfernt liegt. Ebenfalls hatte ich am Ende nochmal gute 2 Monate um das Land weiter zu entdecken. Ich würde jedem empfehlen sich ein paar Wochen nach dem Aupair Aufenthalt Zeit zu nehmen, um in Ruhe rumzureisen.
Aupairalltag- Das Fazit
Wie hast du dich während deines Auslandsaufenthalts verändert? Was hast du gelernt?
Ich glaube im Kern bin ich immer noch derselbe Mensch, wie vorher. Trotzdem hat es auch etwas in mir verändert: die Sicht auf die Welt. Die Kultur in Neuseeland ist, obwohl sie unserer sehr ähnelt, doch anders.
Ich bin in vielen Dingen entspannter geworden – ganz nach dem Motto „Irgendwie wird das schon“. Die Dinge nicht zu ernst zu nehmen und sich selbst nicht unter „Perfektionsdruck“ zu setzen war eins der schönsten Dinge, die ich lernen durfte. Meine Sprachkenntnisse sind deutlich besser geworden. Es ist eben etwas anderes, ob du in der Schule ein paar Sätze analysierst, im Urlaub dein Bier auf englisch bestellst oder du ein Jahr lang deinen Alltag damit verbringst. Offenheit ist auch eins der Dinge, die ich dort lernen und mitnehmen durfte. So viele neue und andere Menschen, Ideen und Ansichtsweisen denen ich dort begegnet bin, haben meinen Dorf-horizont definitiv erweitert.
Ganz abgesehen davon wirst du beim Reisen selbstständiger, entdeckst neue Orte und planst alles selbst. Du kümmerst dich darum, wo du die nächste Nacht schläfst. Mit wem du deine Zeit verbringst. Und was du am nächsten Tag isst.
Was ich definitiv noch gelernt habe ist: Wie deutsch du wirklich bist, merkst du, wenn du mal ganz wo anders gewesen bist, die Uhren langsamer oder vielleicht auch schneller laufen. Ansichten zu hinterfragen und sich zu überlegen: Okay, wieso mache ich manche Dinge überhaupt so? Welche Dinge mache ich einfach, weil ich sie schon immer so gemacht habe oder mir beigebracht wurden? Was ist hier ganz anders? Was davon gefällt mir eigentlich gut? wieso gefällt mir das gut? und wieso vielleicht auch nicht? Ich glaube es war immer ein Mix . Puh, gut, dass das in Deutschland anders ist und gleichzeitg auch: Geil, wieso ist das bei uns nicht so?
Beispiel: Ich durfte das neuseeländische Schulsystem kennen lernen, was mir zum Großteil besser gefiel. Mehr Bewegung, mehr Auswahl und zum Teil auch praktischere Dinge. Ebenfalls kann man dort nicht sitzenbleiben, sondern bekommt quasi eine Extrahilfe. Zumindest bei der Schule meiner Gastkinder.
Die Kinder wurden dort nicht nur für gute Noten belohnt, sondern es gab gleichzeitig auch Urkunden für Toleranz, Einsatz und Anstrengung etc. Ich habe in meiner Schulzeit nie eine Urkunde bekommen, wenn ich in Mathe eine 5 hatte aber meine Bemühungen und mein Durchhaltevermögen großartig waren.
Gleichzeitig freue ich mich in Deutschland darüber, dass ich mir keine Gedanken machen muss, wie ich meine nächste Arztrechnung bezahle. Oder ich nicht drei mal überlegen muss mir eine Tafel Schokolade zu kaufen, die in Neuseeland recht teuer war. Ich glaube, ich habe einfach einen Spiegel vorgehalten bekommen. Mir wurden Unterschiede und Gemeinsamkeiten bewusster und das ist definitv eins der besten Learnings.
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